Seit Menschengedenken und weit vor der urkundlichen Erwähnung der ersten Ansiedlung in Spöck veranstalteten die Wickinger zur dunklen Jahreszeit eine Nachtwanderung durch den gruseligen Hardtwald um anschließend (mehr oder weniger) vollzählig am Baggersee ein rauschendes Fest zu feiern. Mit dieser steinalten Tradition wurde im Jahr 2018 unerbittlich (wie die Wickiger nun mal sind) gebrochen.
Erstmals in der Vereinsgeschichte sollte eine Lampionfahrt auf dem nächtlichen Baggersee stattfinden. Um die Sicherheit aller Gäste zu gewährleisten, wurden umfangreiche Vorbereitungen getroffen. Zunächst wurde der Baggersee in den letzten Wochen des Außentrainings ausführlich im Hellen erkundet. Anschließend wurden Vereinsmitgliedern die Augen verbunden um eine Nachtfahrt zu simulieren und schließlich trauten sich einige mutige Wickinger bei völliger Dunkelheit erstmals auf die unendlichen Weiten des Spöcker Baggersees. Zusätzlich wurde am Bootshaus eine Art Leuchtturm errichtet, um auch bei stürmischem Wetter den See-Fahrern die notwendige Orientierung zu geben. Abschließend wurde die Veranstaltung noch bei der See-Notrettungszentrale in Bremen angemeldet.
Somit konnte für die Veranstaltung am 24.11. eigentlich nichts mehr schief gehen.
Bereits vor Sonnenuntergang trafen sich die Organisatoren der Fahrt am Bootshaus, um die großen Wickingerboote gemäß den Regelungen zur nächtlichen Befahrung von Großgewässern see-tauglich zu machen. Der Prüfung auf Dichtheit folgte das vorschriftsmäßige Ausleuchten der Boote. Hierzu wurden exakt 6 große Leuchtfeuer pro Boot angebracht, die in einer Höhe von exakt 110 cm über dem Wasserspiegel wind- und wellenfest zu vertäuen sind. Parallel wurde das Feuer des Leuchtturmes entzündet um die genaue Signalgebung einzustellen.
Gegen 18 Uhr trafen dann die todesmutigen Wickingerfamilien ein. Bepackt mit allen Kindern, Proviant für die See-Umrundung, Medikamente gegen Skorbut und See-Krankheit sowie Ersatzkleidung für mehrere Stunden zogen halbe Karawanen am Bootshaus ein. Langsam begann es zu dämmern und mit vereinten Kräften wurden die schweren Boote ans Seeufer getragen. Jeder See-Fahrer erhielt neben Schwimmweste und Paddel noch eine Art See-Notrettungsfackel und an einem Boot wurde sogar ein Suchscheinwerfer für Boots-Brüchige angebracht. Nun konnten endlich die Boote besetzt werden.
Erfreulicherweise wollten sehr viele Wickinger die Alte Welt des Bootshausufers verlassen und die Neue Welt am anderen Ufer des unendlich großen Sees kennen lernen. So waren die Boote sehr gut beladen und die vorgeschriebene Höhe der Leuchtfeuer wurde sicherlich etwas unterschritten.
Mit kräftigen Paddelschlägen wurde die Brandung am Bootshausufer problemlos überwunden und schon befanden wir uns mitten auf dem offenen See. Unendliche Weiten, kaum ein Licht am Horizont zu sehen und alle Ufer hinter dem Horizont verschwunden paddelten wir tapfer der Neuen Welt gegen. Beide Boote versuchten stets eng beieinander zu bleiben, aber die starke See-Strömung lies die Boote mehrfach auseinander driften.
Nach minutenlangen, harten Paddelschlägen ging die Kondition doch merklich zurück und die Fahrt wurde auffallend langsamer. Einsamkeit stellte sich ein. Zeitweise hatte man sogar den Eindruck, dass die Dunkelheit, die Stille und die gleichmäßigen Wellenbewegungen die Bootsbesatzungen zum Träumen einluden. Dennoch erreichten die Boote das Ufer der Neuen Welt und mussten zu ihrem Bedauern feststellen, dass dort weder Töpfe gefüllt mit Gold noch Palmen und tropischer Sandstrand auf sie warteten.
So beschlossen die Seefahrer, den Weg zurück zum Bootshausstrand zu suchen. Dem Himmel sei Dank konnte man am Horizont das Leuchtfeuer am Bootshaus einsam leuchten sehen. Somit konnte die Rückfahrt zielgerichtet angetreten werden. Leider verlief die See-Überquerung nicht unproblematisch. Wahrscheinlich durch Unterernährung und Austrocknung gekennzeichnet, wendeten beide Boote kurz vor Erreichen der Steilküste am Bootshaus um und fuhren dieselbe Strecke wieder und wieder bis im Zuge der völligen Erschöpfung das Anlanden am Bootshaus gelang.
Wie groß war die Freude der Zurückgebliebenen, dass die Abenteuerreise der geliebten Vereinskollegen ohne Verluste abgelaufen war. Mit einem rauschenden Fest wurden die tapferen See-Fahrer empfangen. Köstlichkeiten vom Grill, Füllhörner voll leckerer Getränke und Stockbrot für Klein und Groß wurden bis spät in die Nacht genossen. Zufrieden mit der neuen Art der nächtlichen Seefahrt beendeten die Wickinger diesen erlebnisreichen Tag und alle sind sich sicher, dass es 2019 eine Wiederholung geben wird. SH