Burg Wilenstein

Es begab sich dereinst, dass sich 28 tapfere Wickinger – Männer und Frauen – auf den Weg in die Pfalz begaben. Sie hatten kein geringeres Ziel als die Burg Wilenstein in Trippstadt. Ausgestattet mit Unmengen von Wegzehrung (der Pfad sollte hart und beschwerlich sein) startete eine Schar bereits um die Mittagsstunde. Die zweite Gruppe machte sich bei Eintritt der Dämmerung auf. Mit Hilfe einer Geisterstimme wurde die zweite Gruppe direkt zum örtlichen Wirt geleitet, wo es ein fröhliches Wiedersehen mit der ersten Schar gab. Bei Gänsekeule und Hirschbraten wurde bis spät in den Abend gefeiert, denn die Burg war bereits eingenommen.

Nach dem üppigen Gelage wurden die Kemenaten  unter den Wickingern aufgeteilt und bezogen. Sie gönnten sich im Rittersaal noch einen Schlummertrunk und fielen nach Mitternacht redlich erschöpft in die Betten. Am nächsten Morgen – man staune – fielen alle über das reichhaltige Frühstücksbüffet her, als hätte es Wochen nichts zu Essen gegeben. Ein brauner Zaubertrank brachte auch den schlaftrunkensten Wickinger wieder auf die Beine. Auf diese Weise gestärkt wurde einstimmig beschlossen, dass es wohl an der Zeit wäre die Gegend zu erkunden. Da noch eine Nachhut erwartet wurde und die Burg vor fremden Eindringlingen geschützt werden musste, erklärten sich drei mutige Wickinger bereit sich dieser Aufgabe zu stellen.

Die tapferen Recken des Erkundungstrupps versorgten sich mit der nötigen Wegzehrung und marschierten gen Karlstalschlucht. Obwohl die Götter Freyr und Freyja um gutes Wetter angefleht worden waren, setzte ein leichter Regen ein. Scheinbar hatte die agrarische Bevölkerung die besseren Opfer dargebracht. Den ungünstigen Bedingungen zum Trotz ließ sich kein Wickinger vom Vorhaben abbringen. Zwei ungestüme jüngere Wickinger durchforsteten als Spähtrupp etwas Abseits der Wege das Gebiet. Ohne Rücksicht auf ihre Kleidung und den nassen Waldboden erfüllten sie bis zur Erschöpfung ihre Aufgabe. Nach 7,5 km strammen Marsches, ohne einer Seele begegnet zu sein (außer einem Fuchs)  gönnten sich alle die redlich verdiente Rast an einem idyllisch gelegenen See.

Nach 7,5 km strammen Marsches, ohne einer Seele begegnet zu sein (außer einem Fuchs)  gönnten sich alle die redlich verdiente Rast an einem idyllisch gelegenen See.

Das Wetter bereitete jedoch einigen Ungemach, denn die Kleider hielten dem stärker einsetzenden Regen nicht mehr uneingeschränkt stand. So beschloss man, den letzten Teil der Erkundungstour zügig zu beenden. Mit Hilfe der Wegbeschreibung eines Einheimischen konnte zunächst Trippstadt erreicht werden. Ein freundlicher, edler Herr in einer Kutsche war gern bereit, den Wickingern ab dort mit Auskünften weiter zu helfen. Jedoch war man sich ob der Reichhaltigkeit der Informationen an einem Punkte nicht mehr sicher, ob denn der beschrittene Pfad auch zur Burg zurückführe. So wurde ein ortkundiges Kräuterweib nach einem kürzeren Wege befragt.

Zufrieden, ausgehungert, durchfeuchtet und dennoch dürstend sowie leicht verfroren erreichte man nach etwa 12 km wohlbehalten die Burg. Mit frisch aufgebrühtem Zaubertrank und köstlichem Gebäck wurden alle empfangen. Einige zogen aber zunächst ein wärmendes Bad vor. Die Nachhut war mittlerweile auch eingetroffen und so gab es ein fröhliches Wiedersehen. Es wurde geplaudert und gespielt, dass es nur so eine Freude war. Zur Feier des Tages hatten sich die Wickinger entschlossen, in mittelalterliche Kleider gewandet, das Nachtmahl einzunehmen.

Die Edlen unter ihnen hatten sich mit den schönsten Roben bekleidet. Einige Mönche aber auch das Gesinde, selbst jenes, welches die Schweine hütet, durfte am Festmahl teilnehmen. Sogar die Burggespenster hatten sich vor Mitternacht vom Dachboden herunter getraut. Gesottenes und Gebratenes wurde für die illustre Gesellschaft durch einen eigens befehligten Koch bereitgestellt. So labten sie sich, bis kaum etwas von den Speisen übrig war. Auch an diesem Abend zog es die Wickinger wieder in den Rittersaal –  hoch oben in der Burg. Nachdem die Gesellschaft gesamt als auch paarweise porträtiert war gab man sich bei mittelalterlichen Klängen dem Tanz und Spiel hin. Pünktlich um Mitternacht allerdings waren die Gespenster nicht mehr zu halten und schlichen sich durch alle Gemächer, um nach dem Rechten zu sehen und ihres Amtes zu walten. Einige Wickinger wurden auch hartnäckig des Öfteren aufgesucht. Nach und nach wurde es aber ruhig in der Burg.

Am nächsten Morgen – es hatte aufgehört zu regnen – hatten flinke Hände bereits den Rittersaal wieder hergerichtet und stärkenden Zaubertrank zubereitet. Ein üppiges Frühstücksbüffet war schon angerichtet und frische Eier brutzelten in der Küche über der Feuerstelle, als auch der letzte Wickinger den Frühstücksraum betrat. Ausgehungert – wie Wickinger scheinbar immer anzutreffen sind – wurden die aufgetragenen Speisen schnell dezimiert. Es war beschlossene Sache, dass die Burg zur Mittagszeit einem Vogt übergeben werden sollte, denn die Wickinger sind heimattreu. Um den Burgvogt nicht allzu sehr  zu erschrecken, wurden die Reste des Gelages beseitigt, die Kemenaten geordnet und gesäubert und die Burgküche wieder in den ursprünglichen Zustand versetzt. Um keine große Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, verließen die Wickinger die Burganlage in kleinen Gruppen und auf verschiedenen Wegen. Auf einem Pfad hatten Wegelagerer heimtückische Sperren errichtet, die es zu umfahren galt. Ob alle gesund und munter die heimischen Gefilde erreicht haben? Nun, wir werden es wissen, wenn bald von weiteren Wickinger-Taten berichtet wird…

B.Z.

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